Mit Gypsy und GLOW haben wir in Sachen Netflix-Serien zuletzt gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht. Am 21. Juli erscheint mit der Thrillerserie Ozark die nächste Serie des Streaming-Dienstes und wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, die erste Staffel für euch unter die Lupe zu nehmen. In Ozark dreht sich alles um die Geschicke der Familie Byrde, die zugegebener Maßen keine normale amerikanische Familie darstellt. Schließlich sind die zentralen Themen der zehn Folgen mit Jason Bateman und Laura Linney Kapitalismus, das organisierte Verbrechen und eine Familie, die in dieser Umgebung ihren Platz sucht. Denn wenn man einmal im Sog des Verbrechens hängt, findest du einen Weg zu überleben, oder gehst vor die Hunde.

Ozark – Erlaubt ist, was Gewinn bringt

Auf den ersten Blick gibt es nichts, was die Familie Byrde von einer typischen Bilderbuchfamilie unterscheidet. Vater und Familienoberhaupt Marty Byrde (Jason Bateman) ist als Finanzberater, besonders was Zahlen betrifft, ein absoluter Vollprofi. Seine Frau Wendy (Laura Linney) unterstützt ihn, wo sie nur kann und die beiden Teenager Charlotte und Jonah schlagen sich mit dem üblichen Teenager-Alltag herum. Wenn sich an diesem Eindruck nichts ändern würde, liefe alles auf eine Chicago-Version von Unsere kleine Farm hinaus. Doch diese Überlegungen sind recht schnell über den Haufen geworfen. Denn bereits in der ersten Folge erleben wir als Zuschauer, wie die Fassade in Windeseile in sich zusammenfällt. Übrig bleibt eine Familie, die ihren Lebensunterhalt mit dem Waschen von Geld verdient. Wenn man es sich zur Aufgabe macht, für eines der größten Drogenkartelle Mexikos Geld zu waschen, kann dies ganz schnell zu riesigen, existenzbedrohenden Problemen führen. In solche Probleme ist Marty geraten. Um sich und seine Familie zu schützen, sieht er nur eine Lösung. Er flüchtet in das verschlafene Ozark-Plateau im südlichen Missouri und lässt Chicago und die dortigen Probleme so gut es geht hinter sich.

Ozark – Wirklich der ultimative Zufluchtsort?

Was macht einen guten Zufluchtsort aus? Eine Bevölkerung, die nicht zu viele Fragen stellt, ein ruhiges Pflaster für einen Neuanfang und vielleicht die Infrastruktur, um sich langfristig niederzulassen. All das bietet Ozark nicht wirklich. Kein Wunder also, dass Martys Probleme nicht in Chicago verweilen und sogar noch neue auf ihn zukommen. Ohne zuviel vorweg nehmen zu wollen, ist das verschlafene Örtchen alles andere als langweilig. Ozark ist nicht das, was sich Marty erhofft hat. Nicht nur, dass die Einwohner Neuankömmlingen äußerst skeptisch beäugen. Sie stellen unangenehme Fragen und haben ihre eigene Vorstellung davon, wie das Leben in Ozark zu laufen hat. Während sich Marty vorgestellt hat, wie er als erfahrener Finanzberater und Geldwäscher den lokalen Betrieben Beine macht, hat er wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass die Einheimischen seine Businesspläne nicht so gut finden könnten. Also muss er seine grauen Zellen bemühen.

In Ozark bereichern weitere Charaktere den Verlauf der Serie

Nach dem Umzug ins Ozark-Plateau bereichern weitere Charaktere die Thrillerserie und ihren Verlauf. So lernen wir Ruth (gespielt von Julia Garner), den weiblichen Sprössling einer typischen Hinterwäldler-Familie kennen, die zeitweise den Hauptcharakteren so sehr die Show stiehlt, dass man sich fragt, warum die Serien-Macher ihr nicht einfach die Führung überlassen haben. Dies hätte die Serie wahrscheinlich in einem zentralen Kritikpunkt bereichert. Ansonsten verläuft die Story interessant und man stellt sich immer wieder die Frage, wie die Familie auf die aufkommenden Probleme reagiert. Leider nimmt sich Ozark dabei durchgängig sehr ernst. Das wirkt einerseits zwar realistischer und härter, aber es verpackt die Serie in dunkles Geschenkpapier, ohne mit Schleifenband Akzente in eine Richtung zu setzen. Hier hätten wir uns vielleicht einen Touch des Humors gewünscht, der Breaking Bad so bereichert hat. Da dies nicht der Fall ist bekommt die Serie durch die recht ähnlichen Charaktere trotz guter Story-Ideen und Twists einen leicht monotonen Hauch, der sie im Vergleich zu Gypsy schwerfälliger macht.

Ozark Netflix Thrillerserie
Marty und Ruth verhandeln

Ozark ist weitaus besser als die Ausgangssituation ihrer Charaktere

Wie viele andere Netflix-Serien auch, glänzt auch Ozark mit einer guten bis sehr guten Besetzung. Das Laura Linney und Jason Bateman ihr Handwerk verstehen, sollte nicht weiter verwundern. Vor allem Julia Garner, die die Ruth wunderbar spielte, sticht positiv hervor. Hier hätte sich die Serie trauen sollen, ihr noch eine größere Rolle zu geben. Ozark und dessen Bewohner wirken schlüssig und die entstehenden Probleme sind glaubwürdig. Auch die Problemlösungen sind realistisch. Instgesamt ist die Serie somit ernst, düster und kernig. Wie bereits erwähnt, hätten wir uns einen Ausschlag in eine andere Richtung als Auflockerung gewünscht. Nicht, dass ihr uns falsch versteht, wir wollen keine Comedy-Serie oder gar eine Parodie. Tarantino und auch die Köpfe hinter Breaking Bad und Sons of Anarchy haben gezeigt, dass sich härte und auflockernde Dialoge bzw. abstruse Situationen nicht ausschließen. So werden vor allem Thriller-Fans mit Ozark auf ihre Kosten kommen.

Das Thema hinter Ozark ist immer aktuell und allgegenwärtig

Ozark ist eine Serie, deren Thema jederzeit aktuell ist. In ihrem Verlauf werden immer wieder Fakten zu den Themen Kriminalität und Kapitalismus an den Zuschauer getragen. Dies führt ohne jeden Zweifel dazu, dass sich Teile der Serie im Kopf einnisten und zum Nachdenken anregen. Damit geht Ozark auch auf die üblicherweise dargestellte Grenze zwischen Schwarz(Böse) und Weiß(Gut) ein. Dies merken wir allein schon dadurch, dass wir nicht etwa einen fürsorglichen Familienvater kennen lernen, der nach und nach auf die „schlechte Seite“ abdriftet. Wir lernen einen Familienvater kennen, der sich fürsorglich um seine Familie kümmern und schon längst inmitten der Kriminalität seinen Platz gefunden hat und diesen schon gar nicht mehr aufgeben kann. In Zeiten, in denen das Denken in zwei „Farben“ vielerorts etabliert ist, ist dies ein erwachsener und erfrischender Ansatz, der hoffentlich auch gewürdigt wird.

Unser Fazit zu Ozark



Ozark ist eine Serie, die von ihren Ideen, der packenden Story und nicht zuletzt der hochwertigen, qualitativen Umsetzung profitiert. Daran hat nicht zuletzt der gute Cast großen Anteil. Eigentlich hat Ozark alles, was eine Thrillerserie braucht, inklusiver guter Twists und der nötigen Portion Härte. Was für uns aber definitiv fehlt, ist ein Ausgleich zum tristen und monotonen Aufbau. Vielleicht hätte es an dieser Stelle auch schon gereicht, Ruth eine größere Rolle zu geben und sie diesen Part übernehmen zu lassen. Das Potenzial dazu hatten sowohl Charakter als auch Schauspielerin. Unter dem Strich ist Ozark dennoch eine überdurchschnittlich gute Serie, die sich nicht verstecken muss.