Anfang 2013 erreichte uns ein frischer Wind aus dem JRPG-Genre. Dieser frische Wind trug den Namen Ni No Kuni. Während bei uns lange nicht jedes RPG aus dem Land der aufgehenden Sonne Fuß fassen kann, überzeugte der Titel, dessen Name wir am besten mit „Das zweite Land“ übersetzen, auch westliche Kritiker und Gamer. Vor allem die liebevolle Erzählung, ein wunderschöner Grafik-Stil und tolle Charaktere machten das üppige Rollenspiel zu einem Highlight. Am meisten Kritik musste sich das Entwicklerstudio aufgrund des Kampfsystems anhören. Ein Metascore von 85 spricht jedoch eine deutliche Sprache.
Natürlich haben auch wir uns vor fünf Jahren in Olivers Abenteuer gestürzt und es von Anfang bis Ende genossen. Dies hat unsere Erwartungshaltung gegenüber Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs verständlicherweise nicht geschmälert. Wir haben uns gewünscht, dass die Fortsetzung nicht nur dem Vorgänger gerecht wird. Sie sollte ihn überflügeln, Schwächen ausbessern und eigene Alleinstellungsmerkmale mitbringen. Ob all dies gelungen ist, lest ihr in den folgenden Zeilen.
Ein Putsch, ein Immigrant und König-Rotzlöffel
Wenn man sich aussucht, in der Haut wessen Prinzen man stecken möchte, nimmt Prinz Evan von Katzbuckel sicherlich einen der hinteren Plätze ein. Schließlich muss er direkt zu Beginn von Ni No Kuni 2 aus seiner Heimat fliehen. Dies verdankt jedoch nicht der Willkür seines Vaters, dem König von Katzbuckel. Seine Lage gestaltet sich noch dramatischer. Der König ist nämlich nach längerer Krankheit verstorben und sein enger Vertrauter, passender Weise eine Ratte, hat das Zepter an sich genommen. Evan bleibt nichts anderes übrig, als um sein Leben zu laufen. Glücklicherweise ist er dabei nicht auf sich allein gestellt. Aus unserer Welt stößt ein wichtiger Staatschef zu ihm. Dieser heißt zum Glück Roland und nicht Donald. Auch sonst hat er wenig mit dem orangenen Oberhaupt der Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsam. So kann Evan aus dem Schloss entkommen. Sein Ziel ist von Anfang an klar. Er will ein Königreich errichten in denen Krieg, Missgunst, Neid und Gier der Vergangenheit angehören.
Ein kleines Königreich, das sich schon bald größeren dunklen Mächten entgegensetzen muss, braucht große Ziele. Evan ist dabei alles andere als genügsam und möchte ein Abkommen mit allen fünf Ländern von Ni No Kuni schließen. Dies ist natürlich leichter gesagt als getan. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass euch im Laufe der Story einige Hürden und Überraschungen erwarten. Ob am Ende alles gut wird, erfahrt ihr von uns aber nicht.
Weniger Kind, mehr Politik
Die Story dreht sich von Anfang bis Ende um die gleiche Frage: Was macht einen guten König aus. Bei seinen Reisen lernt Evan verschiedenste Staatschefs, ihre Probleme und die Besonderheit eines jeden Landes kennen. Dabei gilt es nicht nur immer darum, die Aufgaben des jungen Königs zu lösen und daran zu wachsen. Auch die einzelnen Länder und ihre Bewohner bauen auf den jungen Staatschef. Darauf seid ihr auch angewiesen. Schließlich könnt ihr eure Reise nur zu einem erfolgreichen Ende bringen, wenn ihr durch Kämpfe und unzählige Aufgaben reichlich Erfahrungspunkte sammelt.
Neben Erfahrungspunkten sind einzelne Bewohner der Welt von Ni No Kuni 2 ein wichtiger Baustein für euren Erfolg. Während eure Mitkämpfer euch auch als solche Talente zur Verfügung stehen, gibt es auch zahlreiche Charaktere, die lediglich eine kleine Hintergrundstory spendiert bekommen und euch dann an einer der vielen Einrichtungen eures Königreiches unterstützen.
Zu den Mitstreitern, die sich im Laufe der Story an eurer Seite sammeln, wollen wir ebenfalls ein Wort verlieren. Die Gemeinsamkeit, die sie alle haben, ist ihre sympathische Art. Anders als beim Vorgänger wurde eine Schippe Zucker aus der Story herausgenommen und um eine Prise Politik ergänzt. Da wundert es auch nicht, dass eure Begleiter auch in eurem Königreich wichtige Rollen einnehmen. Sie entwickeln so eher eine eigenständige Persönlichkeit als durch ihren Kampfstil. Hier hätten sich einzelne Charaktere noch mehr unterscheiden können.
Ach was sind die Gnuffig
Bevor wir uns in das neue Kampfsystem stürzen, lernt ihr für Ni No Kuni völlig neue Protagonisten kennen – die Gnuffis. Das stark kritisierte Kampfsystem des Vorgängers beinhaltete noch Monster, die ihr selbst gesammelt und trainiert habt. Diese Zeiten gehören mit Ni No Kuni 2 der Vergangenheit an. Ihr müsst jedoch nicht auf trainierbare Unterstützung verzichten. Ihr züchtet, sammelt oder entwickelt kleine Geisterwesen, auf die ihr im Kampf zählen könnt.
Die Gnuffis haben verschiedene Arten und Stärken. Je stärker sie sind, umso mehr kosten sie. Durch ein Maximalmaß von zehn sind die Gnuffkosten, der im Kampf befindlichen Gnuffis gedeckelt. Im Kampf verschaffen sie euch je nach Art unterschiedlichste Vorteile. Sie teilen jedoch auch ordentlich aus. Damit dies auf euren Zuruf passiert, tretet ihr in einen Ring, der um sie entsteht und bestätigt den Angriff per Tastendruck.
Obwohl wir es lieben Monster wie Yo-Kai, Pokemon oder andere zu trainieren, fügen sich die Gnuffis toll in die Welt von Ni No Kuni ein. Sie laufen euch in Dungeons hinterher, haben eigene Namen und weichen nicht von eurer Seite. Treuere Begleiter kann man sich nicht wünschen.
Ein stetiger Kampf für das Wohl von Minapolis
Jetzt, da ihr die Gnuffis kennen gelernt habt, können wir Zauberstäbe, Schwerter sowie riesige Kriegshämmer zücken und allerhand Monster bekämpfen. Das neue Kampfsystem ist blitzschnell, intuitiv und bietet dennoch ausreichend Tiefe. Im Kampf steht ihr immer zu dritt auf dem Schlachtfeld. Gleichzeitig habt ihr drei Nahkampf- und eine Fernkampfwaffe im direkten Zugriff. Über die Schultertasten wechselt ihr schnell nach Bedarf die genutzte Waffe. Das ist vor allem dann ratsam, wenn ihr eine Waffe besitzt, welche die Schwachstelle eures Gegners ausnutzt. Euch ist das zu hektisch? Es gibt auch eine Automatik und eine Halbautomatik, die den Waffenwechsel für euch erledigen.
Neben starken beziehungsweise schwachen Angriffen und der Unterstützung durch Gnuffis lassen verschiedenste Spezial-Attacken das Schlachtfeld zittern und beben. Egal, ob ganze Gebirge aus dem Boden schießen oder ein riesiger Hammer auf das gegnerische Monster einschlägt, euch wird einiges geboten. Die Schwierigkeit der Kämpfe richtet sich natürlich nach eurem Charakterlevel. Aber bei jeder Mission erhaltet ihr treffende Empfehlungen. Außerdem gibt es einen farblichen Anzeiger, der zeigt, ob ihr euch an einen Gegner heranwagen könnt, oder lieber mit reichlich Abstand vorbeihuscht.
Zu Lande, zu Wasser und in der Luft
In Ni No Kuni 2 seid ihr viel unterwegs. In der Oberwelt, außerhalb von Dungeons und Städten, erblickt ihr euch in einem Look, den wir als Chibi bezeichnen würden. Eure Charaktere haben kleine Körper und einen großen Kopf. Gleichzeitig sind ihre Eigenheiten hervorgehoben. Nach ein wenig Eingewöhnung hat uns dieses Design sehr gut gefallen. Gerade außerhalb von Städten gibt es viel zu entdecken. Während ihr Fundobjekte durch ein Glitzern erkennt und sie nebenbei einsammelt, findet ihr auch einige Schatztruhen. Diese müsst ihr wie gewohnt durch Tastendruck öffnen. Schnellreisepunkte, eine immer zur Verfügung stehende Speicherfunktion und Speicher-Monumente, die auch in Dungeons Gesundheit und Magiepunkte auffüllen, erleichtern euch das Vorankommen. Wie bei vielen Level 5-Games üblich, erhaltet ihr über die Zeit auch ein Schiff und ein Flugobjekt, die nicht nur das Vorankommen beschleunigen. Sie machen euch auch neue Gebiete zugänglich. Zufallsbegegnungen gibt es übrigens nicht. Eure Gegner seht ihr dank der guten Weitsicht frühzeitig. Wenn ihr also nichts wagt, gibt es keinen Grund aus dem ihr vorzeitig ableben solltet. Wagt ihr euch jedoch an stärkere Gegner heran, sind mehr Erfahrungspunkte und besseres Loot eure Belohnung.
Bau ich mir die Welt … wie sie mir gefällt…
Neben diversen Ausflügen in die Außenwelt beschäftigt euch auch der Aufbau von Minapolis. Dieser gestaltet sich ähnlich wie ein Browsergame. Während sich an dieser Stelle Mikrotransaktionen förmlich angeboten hätten, sind wir überglücklich, dass sie in keinster Weise Einzug ins Spiel gefunden haben. Ihr investiert also in unterschiedliche Teile eurer Infrastruktur und nehmt damit direkt Einfluss auf euer Spiel. Nur dank der Infrastruktur verbessert ihr eure Gnuffis, könnt ihr neue Rüstungen oder Waffen herstellen oder lernt verschiedene Zauber. Die Art, wie ihr eure Stadt erbaut, sollte also mit eurem Spielstil direkt übereinstimmen. Wirklich falsch machen könnt ihr dabei nichts. Die Designs der Gebäude sind genau so vorgegeben wie ihr Standort. Dennoch bleibt es euch vorbehalten zu entscheiden wann ihr was baut, wo ihr welche Talente zuweist und was euer Ziel ist.
Der Aufbau unserer Stadt war eine willkommene Abwechslung im Spiel. Es ist schön mit anzusehen, wie die eigene Stadt wächst, sich in den Straßen immer mehr Bewohner tummeln und die Vergünstigungen, die der Ausbau bringt, immer lukrativer werden. Einen derartigen Aufbau-Part haben wir bislang in keinem anderen Spiel gesehen.
Ni No Kuni 2 und die Kriege für den Frieden
Eine weitere Besonderheit, die zu jedem Königreich leider dazu gehört, ist Krieg. Wenn Evan sich auch selbst dem Frieden verschrieben hat, führen euch Teile der Story und Nebenaufgaben immer wieder auf das Schlachtfeld. So repräsentieren einige der von euch rekrutierten Talente Armeen, die ihr in Kriegseinsätzen nutzen könnt. Als zentraler Anführer sammelt ihr in einem solchen Einsatz vier Truppen um euch, die ihr per Schultertaste wie bei einem Fidget-Spinner um euch rotiert. Auch hier gibt es Truppen, die nach Stein-Schere-Papier-System gegen andere im Vor- oder im Nachteil sind.
Während uns diese Einsätze zunächst nicht wirklich gefallen haben, hat eine Erkenntnis unsere Sicht der Dinge verändert. Anders als andere Kämpfe, dürft ihr einzelne Einsätze beliebig oft wiederholen und bewahrt dabei eure Erfahrungspunkte. Stellt ihr euch also mehrfach dem gleichen Gegner, ist der Sieg nur eine Frage der Zeit. Auch in diesem Modus gibt es Spezial-Manöver, die sich jedoch nach der gewählten Truppe richten. Gelevelt wird durch im Kampf verdiente Erfahrungspunkte. Solltet ihr euch jedoch überhaupt nicht mit den Kämpfen anfreunden können, müsst ihr nur die Story-Relevanten Kriege kämpfen. Für uns stellten die Kriege jedoch eine Willkommene Abwechslung und eine Erweiterung des ohnehin üppigen Umfangs dar.
Ich hoffe ihr habt ausreichend Zeit eingeplant
Es gibt für uns nicht den Hauch eines Zweifels daran, dass wir mit Ni No Kuni 2 locker 100 Stunden verbringen können. Neben der umfangreichen Story gibt es allerhand zu erleben und zu entdecken. Ihr jagt besessene Monster, die teilweise gar Endboss-Charakter haben, entdeckt Traumräume und baut euer Königreich so weit aus, dass alle anderen Herrscher nur noch mit Neid und Bewunderung zu euch blicken. Dabei machen die Kämpfe so viel Spaß, dass die Spielzeit nur so verfliegt. Wenn wir bedenken, dass sogar noch DLC kommen sollen, sind wir gespannt, wie diese das noch toppen wollen. Es ist jedoch erfreulich zu sehen, dass aktuelle Entwicklungen wie Mikrotransaktionen und DLC-Wahnsinn keinen Einfluss auf unser Spielerlebnis haben. Das Spiel ist weder kleiner als wir es uns erhofft haben, noch ist es teurer. Schön zu sehen, dass es so etwas noch gibt. Dennoch sind wir gespannt durch die DLCs mehr von Ni No Kuni 2 zu erleben.
Lasst euch in eine Welt entführen, die einfach bezaubert
Ni No Kuni 2 ist ein wahrhaftes Gaming-Erlebnis. Egal ob es die toll gezeichneten Charaktere, die wunderschöne Welt oder die effektvollen Kampf-Animationen sind, das Spiel läuft technisch einwandfrei. Die tolle Technik ist allerdings nur das Mittel zum Zweck. Ihr sollt zum Teil der Welt werden, die ihr mit Minapolis zum Teil selbst gestaltet. Nicht nur eure Begleiter sind immer wieder für ein Schmunzeln gut. Auch die unterschiedlichen Monster, mit denen ihr teilweise sogar sprechen könnt, sind bezaubernd. Viele eurer Gegenspieler haben durchaus verständliche Beweggründe und werden später zu engen Vertrauten. Das Rollenspiel setzt auf das Gute im Spieler und darauf, dass ihr entdecken und euch verlieben wollt.
Letzteres erleichtert auch der wieder einmal berauschende Soundtrack, der zwar das Ni No Kuni-Gen trägt, aber alles andere als eine Kopie mit anderen Charakteren darstellt. Natürlich bleibt der Zeichenstil der gleiche. Das ist nach dem Wegfall der Zusammenarbeit mit Studio Ghibli allerdings eher ein Grund zu Freude und Euphorie.
Wenn wir uns in grafischer Hinsicht noch etwas hätten wünschen dürfen, dann hätten wir uns gewünscht, dass ein Wechsel der Rüstung auch optisch sichtbar ist. Dies ist bei den Waffen allerdings der Fall. Das Spiel unterstützt sogar HDR. Wir haben selbst die PS4-Pro-Version getestet, die tolle Weitsicht bei überschaubaren Ladezeiten bot. Wir denken auch aufgrund des verhältnismäßig kleinen Patchs, der schon sehr früh verfügbar war nicht, dass die Performance auf der PS4 viel schlechter ausfällt.
Unser Fazit zu Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs
Natürlich ist Ni No Kuni 2 nicht das einzige RPG, das uns dieses Jahr die Zeit versüßte. Auch mit Kingdom Come: Deliverance haben wir viele Stunden verbracht. Hier unsere Review. Eine Bestwertung hat sich mit actionlastigerem Gameplay auch Monster Hunter: World verdient.
Evan beginnt seine Reise am 23. März. Falls ihr Lust habt, mit ihm ein neues Königreich zu gründen, werft gerne einen Blick auf den unten eingebundenen Amazon-Link. Damit unterstützt ihr uns direkt und habt selbst keinerlei Nachteile.