Selten kommt ein Spiel daher, dessen Ersteindruck sich auch nach mehreren Spielstunden vollends bestätigt. Anstatt einer Steigerung von Emotionalität über die Zeit ist das Gefühl, das über die gesamte Spielzeit vorherrscht, von Anfang an klar. So ungefähr ist es bei den Remakes von Langrisser I und II. Die Originale sind Anfang der 90er für die SEGA-Konsolen und die erste PlayStation erschienen. Wie ist jedoch dieser erwähnte Ersteindruck?
Wie ist die Geschichte von Langrisser? – Nunja.
Es zeigt sich schnell, dass die Spiele selbst die Geschichte lediglich nur als Beiwerk sehen. Im Grunde ist sie die generische Aneinanderreihung der folgenden Rollenspiel-Buzzwords beziehungsweise -Phrases: -Prinz -Angriff auf Königreich -Zurückeroberung -Diebstahl eines legendären Schwertes – Rückholaktion. Tiefgang, Emotionen oder Interesse dürft ihr beim Spielen nicht erwarten. Der Stellenwert der Geschichte wird gleich beim ersten Langrisser deutlich. Nämlich dann, wenn das Spiel mit einem Kampf (und ohne Tutorial oder Erklärung) beginnt und es statt eines Intros nur eine kurze Exposition der Handlung gibt. Die Story bekommt vor und nach den langen Kämpfe kurze Zeit für ihren Fortschritt spendiert. Die wenigen Dialoge werden mit Standbildern und Dialogfenstern dargestellt. Jedoch fehlt es dem Spiel an einem gelungenen Pacing. Alleine die ersten fünf Kapitel bestehen aus der Belagerung des eigenen Schlosses, der Flucht, Rückkehr und Rückeroberung.
Keine Macht den Charakteren
Die Beweggründe der jeweiligen Charaktere und deren Persönlichkeiten sind sehr oberflächlich gehalten. So erwecken die Protagonisten wenig Spieler-Interesse. Die übergreifende Narrative ist zusammenhangslos und erweckt früh den Eindruck, dass es statt einer wirklichen Geschichte lediglich eine kurze Ablenkung von den Kämpfen geben soll.
Der eigentliche Story-Fortschritt ist zwischen den Kämpfen in einer Flow Chart ersichtlich. Der Spieler kann sofort sehen, wie viele Kapitel es gibt und wann er etwas entscheiden kann, um den Verlauf der Story zu beeinflussen. Somit beraubt die Form der Darstellung den Spielern der Überraschung. Weil das Spiel mit Langrisser I gemeinsam mit der Fortsetzung Langrisser II kommt, stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt lohnt Teil zwei zu spielen, wenn der erste Teil einem schon nicht genügend Gründe bietet es zu beenden.
Zug um Zug… um Zug um Zug
Nicht nur ein Großteil, sonder beinahe das gesamte Spiel besteht aus Strategiekämpfen. Diese spielen sich weniger wie die Kämpfe aus Fire Emblem, sondern eher wie in Advanced Wars oder Suikoden II. Das bedeutet, der Spieler erhält im Verlaufe des Spieles Truppenführer. Jeder Truppenführer verfügt über sechs Streiter der gleichen Klasse. Die Charakterprogression in Langrisser findet über ein Klassensystem statt. Jedoch ist dieses bei Weitem nicht so ausführlich oder groß wie in Final Fantasy Tactics, Octopath Traveler oder Divinity: Original Sin II. Das Klassensystem ist so ausgelegt, dass jeder Charakter eine feste Klasse hat und diese verbessert werden kann. Der Charakter bekommt so zum Beispiel bessere Werte, eine neue Waffe oder ein Reittier.
Den Gegner gilt es zunächst zu erreichen
Die Kämpfe sind, simpel ausgedrückt, sehr lang und monoton. Der Spieler beginnt einen großen Teil des Kampfes damit, die Figuren zu bewegen. Sowohl die eigenen Charaktere als auch die gegnerischen Einheiten starten mit großem Abstand zueinander. Aus diesen Grund passiert zu Beginn viele Züge lang nichts Interessantes. Züge von Gegnern oder nichtspielbaren Charakteren ziehen sich und dauern zu lange, als dass es Spaß machen könnte. Wenn es dann mal zu einer Konfrontation kommt, wechselt das Geschehen in einen separaten Kampfbildschirm. Dort führen die jeweiligen Einheiten Kampfanimationen ins Leere aus und Zahlen erscheinen. Was komisch klingt, ist tatsächlich ein wichtiges und für uns nicht nachvollziehbares Spielelement. Die Einheiten richten eine bestimmte Menge an Schaden an, welche nicht am Stück verursacht wird. Stattdessen ist meist so, dass zu Beginn häufig die Zahl eins und am Ende eine viel höhere Zahl erscheint. Die Zahlen sind das einzige Indiz für den ausgeteilten Schaden. Es gibt ein Schere-Stein-Papier-Prinzip, das das Klassensystem wiederum abwertet.
Abwechslung ist in Langrisser Mangelware
Es fehlt den Kämpfen an Abwechslung. Den meisten Charakteren steht lediglich der Angriffsbefehl zur Verfügung. Ein paar wenige Einheiten haben außerdem Zauberfähigkeiten. Deswegen laufen die Kämpfe sehr oft gleich ab. Die Motivation verfliegt sehr schnell. Das Schlimmste kommt jedoch noch: Es wird einem während des Spielens schwindelig. Die Figuren bewegen sich mit einer anderen Geschwindigkeit als der Cursor des Bildschirms. Sobald der Gegner am Zug ist und die Figuren bewegt, kommt dieser Unterschied sehr oft und stark zum Einsatz. Auf Dauer kann dies zu Schwindel führen. In solchen Momenten kann es nur helfen währenddessen wegzuschauen.
Remake-worthy?
Die Prämisse eines Remakes ist es, ein Spiel auf eine neuere, moderne Ebene zu hiefen. Bessere Grafik, neue Technik, neues Alles, aber die Essenz des Originals muss erhalten bleiben. NIS Amerikas Langrisser I und II haben optisch eine Überarbeitung erhalten, sind jedoch vom Game Design her immer noch Spiele, welche Anfang der 90 erschienen sind. Was das bedeutet, wurde in den oberen Absätzen erklärt. Klar ist jedoch, dass Langrisser I und II kein Preis für ihre Optik erhalten werden. Generische Artworks, eine Optik, welche stark an ein Mobile Game erinnert sowie ein Mangel an Animationen lassen alles sehr steiff aussehen. Animationen, die zum Einsatz kommen, sind es meistens die selben und wirken dadurch wie der Rest des Spiels monoton. Viele Quality-of-Life-Anpassungen gibt es nicht. Das Tutorial ist eine Folien-Slideshow, welche ein paar Sachen erklärt. Das Optionsmenü fehlt und die Angriffssequenzen lassen sich nicht überspringen oder abschalten.
Unser Fazit zu Langrisser I und Langrisser II
Alles, was Langrisser versucht, verfehlt seinen Zweck und verringert die Motivation des Spielers dazu, den Nachfolger zu Spielen. Nostalgie trägt nicht durch zwei lange Rollenspiele, wenn die Spiele ansonsten wenig zu bieten haben. Die Story ist langweilig bis kaum präsent, die Kämpfe zu lange sowie monoton und beim Spielen können sich sogar Schwindelgefühle entwickeln. Die Remakes geben wenig Gründe sie zu Spielen und noch weniger sie zu mögen.
Ihr seid für ein JRPG immer zu haben? Dann solltet ihr auch einen Blick auf Shining Resonance Refrain werfen. Überzeugt haben uns auch Dragon Quest XI und Dragon Quest Builders II.
Vielleicht sind Langrisser I und II genau eure Spiele. In diesem Fall dürft ihr gerne ab dem 13. März unter dem untenstehenden Amazon-Link zuschlagen. Greift ihr dort zu, erhalten wir einen Kleinen Teil der Marge des Versandriesen. Ein Nachteil entsteht euch nicht.