In einer Zeit, in der die Anschaffung einer PlayStation 5 nicht selten auf eine komplexe und zeitintensive Hardware-Jagd folgt und echte Konsolen-Exclusives noch Mangelware sind, tritt Housemarque mit Returnal für Sony ins Rampenlicht. Wir haben uns den bockschweren Bullet-Hell-Roguelike-Shooter für euch genau angesehen.
Am 15. November 2013, also pünktlich zum Start der PlayStation 4, war die Auswahl an würdigem, verfügbaren Spielematerial für die damals neue Konsole nicht wirklich üppig. Ich erinnere mich jedoch daran, wie mir ein kleiner aber feiner Titel aus dem Store die Wartezeit auf größere Blockbuster verkürzte und diese zum Teil sogar überdauerte. Die Rede ist von Resogun, dem seitwärts scrollenden Shoot’em up mit seinem unnachahmlichen Partikelfeuerwerk. Seitdem sind wir PlayStation-Spieler eine Konsolen-Generation weiter und wieder beschert uns Housemarque mit Returnal einen Titel, der echtes Next-Gen-Feeling mitbringen soll.
Die Vorzeichen hierfür könnten jedoch im Vergleich zu Resogun kaum unterschiedlicher sein. Während der Side-Croller schon im Dezember 2013 für PlayStation Plus-Abonnenten kostenlos war, schlägt Returnal mit fast 80 Euro zu Buche und tritt mit allem Selbstbewusstsein auf, das ein Vollpreistitel nur haben kann. Dieses zieht der Roguelite-Shooter zum Beispiel aus seiner Einbindung der DualSense-Features, 3D-Audio und dem Versprechen eines fordernden Spielerlebnisses in Dauerschleife.
Als frische Besitzer einer PlayStation 5 kamen wir nicht umhin, den Titel mit unserer Jagd nach der Konsole (ohne Unterstützung von Scalpern) und der damit verbundenen Gefühlswelt zu vergleichen. Wir sind unglaublich häufig gescheitert. Einige Male war unser Versagen so knapp wie bei einem nachträglichen Storno unserer Bestellung und manchmal waren wir so chancenlos unterlegen wie bei einer gänzlich verpassten Verkaufsaktion. Letzten Endes bleiben wir jedoch erfolgreich und vollkommen befriedigt zurück.
Eine Absturzstelle, tödliche Aliens und mittendrin Selene
Returnal ist die Geschichte der Astronautin Selene, die auf dem lebensfeindlichen Planeten Atropos abstürzt. Während einfache Terminals ihres Raumschiffes noch zu arbeiten scheinen, ist an eine Flucht vom Planeten nicht zu denken. Wie verzwickt ihre Lage wirklich ist, stellt Selene erst fest, nachdem sie einen toten Astronauten auf Atropos findet. Der Leichnam ist ihrer und ein Audiologbuch spricht von einer Zeitschleife, in der sie gefangen ist.
Während die Feuergefechte zweifellos im Zentrum von Returnal stehen, weckt und nährt der Planet Atropos das Bedürfnis von Spielern, seine Geheimnisse anhand von Alien-Schriftzeichen, fremder Technologie und anderen Bestandteilen der Welt zu erkunden. Viele Zusammenhange erschließen sich Personen hinter dem Controller jedoch erst dann, wenn sie das machen, was sie für gewöhnlich vermeiden möchten … sterben.
Nach dem Selene das Zeitliche segnet, durchlebt sie immer wieder Ereignisse, die den Spieler für sich nicht immer weiterbringen. Insgesamt aber viel zur geheimnisvollen Geschichte beitragen. All das macht Returnal zwar nicht zu einem Story-Schwergewicht. Es unterstreicht jedoch die dichte Atmosphäre und hilft nach einem weiteren Tod, Motivation zu sammeln die Reise fortzusetzen.
In den Feuergefechten von Returnal ist einiges los. / Quelle: PlayStation
Das Versagen als zentrales Spielelement
Wer mit dem Gedanken spielt zum Roguelike-Shooter Returnal zu greifen, sollte darüber im Klaren sein, was ihn erwartet. Vor allem sind das intensive Auseinandersetzungen mit verschiedenen Alien-Typen, die Spielern wirklich alles abverlangen. In den Auseinandersetzungen finden sich Spieler aufgrund der Bullet-Hell-Natur des Spiels inmitten unzähliger Gegner-Geschosse wieder. Returnal ist dabei alles andere als ein Deckungs-Shooter. Wer sich hinter Säulen oder Statuen versteckt, bemerkt schnell, dass Gegnerfeuer diese komplett pulverisiert. Angriff ist die beste Verteidigung und die Dodge-Mechanik ist nicht selten die letzte Chance, um einer Salve auszuweichen. Dies passiert in extremer Geschwindigkeit und geht schnell in Mark und Bein über. Nicht selten hilft es auch einfach laufend Reißaus zu nehmen.
Spieler müssen nicht jeden Kampf in Returnal auch kämpfen. Auf eurem Weg durch die verschiedenen Biome, deren einzelne Bereiche durch Tore voneinander getrennt werden, geschieht es nur selten, dass ihr alle Gegner besiegen müsst, um voranzukommen. Wenn ihr zum zehnten Mal einen Bereich spielt, ist es also eventuell sogar besser nicht alles Sammelgegenstände, die ohnehin nicht immer lohnend sind, aufzulesen. Stattdessen setzt ihr euren Weg kontinuierlich fort. Jeder Kampf birgt die Gefahr getötet zu werden.
„Spieler müssen nicht jeden Kampf in Returnal auch kämpfen“
Vor allem vor dem ersten Bosskampf ist jede Auseinandersetzung ein Risiko und nach dem Tod beginnt ihr fast immer bei null. Speichern könnt ihr nicht. Eine direkte Rückkehr zum Raumschiff verhindert ihr nur durch aktivierte Alientechnologie oder gekaufte Atronauten. Wollt ihr noch vor einem Tod den Fortschritt aufrechterhalten, bleibt nur der Ruhemodus eurer Konsole. Ein Kritikpunkt, der oft angebracht wird und den der finnische Entwickler Housemarque prüft.
Die Biome bleiben nach einem Neustart in ihrem Grundaufbau bestehen. Sie werden jedoch neu angeordnet und können sich auf verschiedene Arten verändern. Hierzu gehören im späteren Spielverlauf auch Abkürzungen, sodass ein Bildschirmtod nach 20 Stunden nicht erforderlich macht, dass ihr die gesamten 20 Stunden neu durchkämpfen müsst, sofern ihr in dieser Zeit nicht versäumt habt, über den ersten Boss hinauszukommen. Der Erhalt der Biome ermöglicht euch das dringend erforderliche Lernen. Lernfortschritt stellt sich dabei sowohl in eurem persönlichen Kampfstil als auch in eurer Kenntnis eurer Umgebungen ein.
Returnals Bossgegner sind harte Prüfungen und wichtige Meilensteine zugleich / Quelle: PlayStation
Auf Atropos hat alles seinen Preis
Der Planet Atropos ist erbarmungslos. Selbst einige potenzielle Verbesserungen kommen mit einem deutlichen Preis daher. Parasiten, die einzelne Eigenschaften buffen, nerfen andere, sodass ihr immer abwägen müsst, was ihr in Kauf nehmen wollt, um verschiedene Vorteile zu erlangen. Dabei zahlt sich lange nicht jeder Fund aus. Lohnender ist der perfektionierte Umgang mit einer der Waffen des Spiels. Diese leveln über die Zeit auf und können unterschiedliche sekundäre Schussmodi mitbringen. An dieser Stelle wird der DualSense-Controller perfekt genutzt. So aktiviert ihr durch das Durchdrücken von L2 den Sekundären Schussmodus der Waffe, sofern verfügbar. Der Motor der DualSense-Schultertaste lässt euch genau erfühlen, wann ihr den richtigen Druckpunkt erreicht habt.
Die Wucht eurer und der Feuerkraft eurer Gegner macht der PS5-Controller so spürbar wie kein Steuergerät vor ihm. Ihr merkt aus welcher Richtung Beschuss kommt und wann ihr richtig austeilt. In Verbindung mit 3D-Audio erhalten wir mit Returnal eine beinahe vollkommene Demonstration davon, inwiefern die PlayStation 5 ihre Vorgängerkonsole überflügelt. Für Returnal ist das sicherlich nicht das schlechteste Verkaufsargument.
Housemarque übertrifft sich nicht nur selbst
Returnal ist das optische Kontrastprogramm zum in diesem Monat erscheinenden Ratchet & Clank: Rift Apart, das eine andere Form des außerirdischen Treibens verspricht. Housemarques Bullet-Hell-Shooter wirkt wie dem Alien-Filmuniversum entsprungen und punktet auch dank toller HDR-Unterstützung mit einem dunklen Setting, das von greller Waffengewalt durchbrochen wird. Die Gegner wirken stehts imposant und zum Teil richtig saftig, was auch für Teile der Umgebung zutrifft, die sich nicht selten selbst gegen Selene zur Wehr setzt. Diese optische Qualität zieht der Titel nicht zuletzt durch beeindruckend detaillierte Oberflächen, die Umgebung, Gegner und nicht zuletzt auch Selene schmücken und Selenes Leiden in Form von Abnutzung und Schmutz auch sichtbar machen. Nicht nur hier nutzt Housemarque die Unreal Engine 4 außerordentlich gut.
Optisch dominieren die beeindruckenden Partikel-Effekte des Spiels, die nicht nur als Waffen-Salven sichtbar werden. Auch Staub, der sich von Toren löst, zerstörte Teile der Umgebung oder die atropotische Pflanzenwelt spiegeln dies wider. Hinzu kommen Dunst und Nebeleffekte und nicht zuletzt das Scannen der Karte, das direkt an die Schwachstellen aufdeckende Sicht des Predators erinnert. Natürlich trägt der Sound des Spiels ebenfalls zum Gesamterlebnis bei.
Einer der technisch wichtigsten Aspekte eines solch schnellen und kompromisslosen Spielerlebnisses, wie es Returnal zweifelsohne ist, ist jedoch seine Framerate. Hier überzeugt der Titel auf ganzer Linie. Das beobachteten auch die Kollegen von Digital Foundry. Wir hatten während unserer Spielzeit keine nennenswerten Framerate-Einbrüche und keinen einzigen Absturz zu verzeichnen. Verschont von Abstürzen blieben jedoch nicht alle Returnal-Spieler. Da kontinuierlich am Titel gearbeitet wird, kommt dem Roguelite-Shooter und uns wohl unserer späterer Einstieg zu Gute. Im Vergleich zu Resogun erleben wir hier ein viel höheres von Spiel-Niveau, die das aktuelle PS5-Lineup zu dominieren vermag.
Atropos ist ein echter Science-Fiction-(Alb-)Traum / Quelle: PlayStation
Unser Fazit zu Returnal
Wer sich dem Risiko bewusst ist, in ein Spiel einzusteigen, das zuweilen nicht nur positiven Frust verspricht, erhält mit Returnal ein echtes Next-Gen-Erlebnis. Technisch zieht es viele, wenn nicht sogar alle Register, die ein Bullet-Hell-Shooter in großem Stil ziehen kann. Dies beginnt bei den tollen Partikeleffekten, geht über die perfekte DualSense-Unterstützung und endet beim integrierten 3D-Audio. Dabei kommt es in seinem Science-Fiction-Setting mit Body-Horror (Parasiten), großen und saftigen Bossgegnern und einer faszinierenden Geschichte daher. Die Mängel, die wir im Balancing verspürt haben und die fehlende Speichermöglichkeit reichen für uns persönlich nicht aus, um die vielen genannten positiven Aspekte dieses Exklusiv-Titels nicht in höchsten Tönen zu loben. Der Titel mag uns vielleicht ab und zu einer Pause zwingen. Er macht jedoch süchtig genug, dass wir immer wieder zu unserem Controller greifen und uns jeder Herausforderung stellen, die da kommen mag.
Für PlayStation 4-Besitzer ist der PlayStation 5-Start dank kostenloser Upgrades kostengünstiger als vorherige Generationen-Wechsel. Es lohnt sich zum Beispiel erneut zu Watch Dogs: Legion zu greifen und Next-Gen-Grafik zu genießen oder den FPS-Boost von Ghost of Tsushima und anderen Titeln mitzunehmen.
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