11-11: Memories Retold – Das Anti-Kriegsspiel in unserer Review
11-11: Memories Retold bezeichnet sich selbst als Anti-Kriegsspiel und will dabei emotional und tief in die Thematik des Krieges eindringen. Ziel ist es, eigene, bleibende Erinnerungen zu hinterlassen. Denn man kann aus der Vergangenheit nicht lernen, wenn man sie vergisst. Zahlt sich die Mühe aus?
Wir lieben es, wenn sich Publisher und Entwickler an schwierige Themen heranwagen, die uns nicht nur die spaßige und unterhaltsame Seite des Lebens zeigen. Wenn sie uns dabei sogar noch etwas lehrreiches mit auf den Weg geben, ist dies umso wertvoller. Aus diesem Grunde haben wir auch Bandai Namcos Anti-Kriegsspiel 11-11: Memories Retold mit offenen Armen empfangen. Entwickelt wurde der Titel von Aardman und DigixArt. Es erzählt ein Jahrhundert nach Ende des Ersten Weltkriegs die Geschichte zweier Protagonisten von unterschiedlichen Seiten der Schlacht.
Folgenschwere Entscheidungen
11-11: Memories Retold erzählt die Geschichte von Kurt und Harry. Während der deutsche Soldat Kurt in den Krieg zieht, um an der Front nach seinem verschollenen Sohn Max zu suchen, will der kanadische Fotograf Harry den Krieg in Bildern einfangen. Nicht ganz unwichtig ist dabei Major Berett, der als Kriegsheld von Harrys Schwarm Julia regelrecht angehimmelt wird und dem Fotografen Ähnliches in Aussicht stellt. Dafür muss er nur mit in den Krieg ziehen.
Schauspieler hauchen beiden Charakteren Leben ein. So spielt Elijah Wood, der den meisten als Hobbit Frodo ein Begriff sein sollte, den Kanadier Harry. Sebastian Koch schlüpft in die Haut des Deutschen. Das hat den Vorteil, dass wir ein akzentfreies Deutsch erleben dürfen. Das verbessert die Atmosphäre ungemein.
Die Erlebnisse von Kurt und Harry umfassen den Zeitraum vom 11.11.1916 bis zum 11.11.1918. In dieser Zeit teilen wir die Erlebnisse der Protagonisten auf unterschiedlichen Seiten des Krieges. Ein wichtiges Fazit wird dem Spieler schon sehr früh klar. Der Krieg kennt keine Gewinner.
Ein Erlebnis, das zum Nachdenken anregt
Das Ziel, durch ein Anti-Kriegsspiel die Spielerschaft zum Nachdenken anzuregen und dabei die Wichtigkeit des Erinnerns an die Fehler der Vergangenheit zu unterstreichen, ist aller Ehren wert. Um eine große Anzahl von Spielern anzulocken, darf es aber nicht bei einem lobenswerten Ziel bleiben. Die Umsetzung muss stimmen. Glücklicherweise schafft es 11-11: Memories Retold zum großen Teil, den Spieler tief in seinen Bann zu ziehen. Lediglich einzelne Stimmen, die bei unterschiedlichen Charakteren immer wieder zu vernehmen sind, stören die Atmosphäre. So spricht beispielsweise die deutsche Synchronstimme von Liam Neeson gefühlt jeden dritten Deutschen.
Die Geschichten von Kurt und Harry sind nachvollziehbar und glaubwürdig. Es wurde gar zu Gunsten zwischenmenschlicher Interaktion auf explizite Gewaltdarstellung und jeder Form der actionreichen Inszenierung verzichtet. Die Grundstimmung des Spiels ist ruhig. Damit wird die Stärke einzelner Momente gekonnt unterstrichen. Im Laufe der Story werden wir als Spieler außerden immer wieder gezwungen, selbst Entscheidungen zu treffen. Das stärkt nicht nur die Immersion. Es mündet auch in unterschiedlichen Enden.
Ein wunderschönes Grafikkleid, das nicht immer richtig sitzt
Neben ruhigen, teilweise melancholischen Klängen ist es die Grafik, die bei der Inszenierung des Spiels einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Während der Spielzeit von sechs bis sieben Stunden erwartet euch nämlich eine Kulisse wie aus einem Ölgemelde. So erscheinen Charaktere und Umgebung als ein Ergebnis vieler einzelner Pinselstriche. Dies verdeutlicht, dass es sich nicht um eine Live-Berichterstattung, sondern um Erinnerungen handelt. Diese werden im Spielverlauf auch häufig anhand von Briefen und anderen Nachrichten erzählt.
Während die Optik meist für tolle Erlebnisse sorgt, entsteht vor allem in unterirdischen Bereichen ein Farb-Matsch, der nicht mit dem Rest der Darstellung mithalten konnte. Zudem wirken sammelbare Objekte, die knapp über dem Boden schweben, wie Fremdkörper. Das hilft zwar beim Auffinden und schafft weitere Anreize. Es unterbricht jedoch die gewollte Geradlinigkeit des Spiels. Gut gelungen sind jedoch andere Umgebungen wie Dörfchen, Innenräume, Schiffe und viele andere Dinge, die wir im Laufe des Spiels erleben.
Samt Vogel und Katze in den Krieg
Der Spielverlauf selbst ist stark linear. Ihr könnt jedoch meist entscheiden, in wessen Haut ihr im Rahmen eines Kapitels zunächst schlüpfen wollt. Während sich Harry auf seine Kamera und einen gefiederten Freund verlassen kann, ist es eine Katze, die Kurt auf seinem Weg begleitet. Seine technischen Fähigkeiten bescheren euch immer wieder Abwechslung beim einfachen Reparieren von Stromkreisen oder beim Abhören. Anders als wir es vom Gaming-Alltag gewohnt sind, zielen wir nur mit Harrys Kamera, niemals jedoch mit einer Waffe.
Die verschiedenen Kapitel bringen die Protagonisten an unterschiedliche Orte. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch aufeinandertreffen. In diesen Momenten entstehen besondere Konflikte. Nicht selten müsst ihr schnell wichtige Entscheidungen treffen. Seid ihr nicht schnell genug, entscheidet das Spiel für euch. Bildschirmtode erlebt ihr nur ganz selten. Wenn dies passiert, setzt ihr euer Abenteuer jedoch nahtlos kurz vor eurem Ableben fort. Weder Rätsel noch Aufgaben lenken euch von der Geschichte ab, die zu jeder Zeit im Zentrum steht. Es geht weniger um Details als um das große Ganze.
Unser Fazit zu 11-11: Memories Retold
Wenn wir Spiele wie 11-11: Memories Retold testen, sind wir uns bewusst, dass nicht jeder Gamer daran interessiert ist, in den Krieg als solches einzutauchen. Die, die dem Spiel jedoch für rund 25 Euro die Chance geben, lehrreiche Erinnerungen zu kreieren, werden dies nicht bereuen. Technisch kann das Game zwar nicht mit einem aktuellen AAA-Titel mithalten. Dafür überzeugt es mit einzigartiger Optik und vor allem mit einer Geschichte, die fesselt, mitreißt und nachhallt. Während der Spielverlauf oft ruhig und beinahe stoisch daherkommt, setzt er immer wieder deutliche Nadelstiche und mündet in einem regelrechten Überbranden von Gefühlen und Aktionen. Die wichtige Botschaft des Spiels, nämlich die Verneinung des Kriegs, wird bereits im ersten Kapitel deutlich und dennoch verstehen wir, warum beide Charaktere ihren Aufgaben fortwährend nachgehen. Gamer, die einer neuen Erfahrung offen gegenüberstehen, sollten einen Blick auf das Spiel werfen.
Natürlich haben auch AAA-Titel wie Red Dead Redemption 2, dessen Lösungsbuch wir ebenfalls einem Test unterzogen haben, etwas für sich. Aber auch Games wie eben 11-11: Memories Retold, Forgotton Anne oder Fe sind einen Blick wert. Schaut euch die Titel also gerne einmal an.
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