Thelma – Die norwegische Antwort auf Carrie?
Thelma ist eine junge Studentin. In einem konservativ, christlichen Haushalt aufgewachsen, hatte sie es gewiss nicht immer einfach. Zusätzlich machen ihr Krampfanfälle das Leben schwer. Aber das scheint nicht das Einzige zu sein, was mit Thelma nicht stimmt. Wir sind der Sache auf den Grund gegangen.
Die Geschichte einer jungen Dame, die in einem strengen christlichen Haushalt aufwächst und aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten kontrolliert wird, ist bekannt. Der Vergleich zu Stephen Kings Carrie und den dazugehörigen Verfilmungen muss einfach gezogen werden. Die Parallelen sind einfach zu groß, um dies nicht zu tun. Schafft es der Norweger Joachim Trier, dem Titel dennoch einen eigenen Stempel aufzudrücken?
Thelma leidet unter Krampfanfällen und ihrem Elternhaus
Thelma macht mit ihrem Vater einen Ausflug in den heimischen, verschneiten Wald. Dort scheint er zunächst ein Reh ins Visier zu nehmen, ehe er beginnt, den Lauf auf die zu diesem Zeitpunkt rund sechs Jahre alte Thelma zu richten. Anders, als in der Szene von Schneewittchen und dem Jäger wissen wir nicht, was dazu führt, dass Thelma regelrecht in das Visier ihres Vaters gerutscht ist. Glücklicherweise drückt er nicht ab. Stattdessen beginnt die eigentliche Handlung mit Thelmas Uni-Alltag.
Im Alltag tritt Thelma schüchtern auf und hat kaum soziale Kontakte. Dies ändert sich, als ihre Kommilitonin Anja sie eines Tages beim Schwimmen anspricht. Zwischen beiden wächst etwas, was über Freundschaft hinausgeht. Außerdem entflieht Thelma immer mehr der Kontrolle ihres Elternhauses. Sie geht auf Parties, raucht und entdeckt ihre Weiblichkeit. Mit diesen Veränderungen nimmt jedoch auch die Häufigkeit ihrer Anfälle zu und diese bringen noch etwas Anderes mit sich.
Der Film beschäftigt sich zu lange mit sich selbst
Für unseren Geschmack braucht das Mystery-Drama zu lange, bis es in die Gänge kommt. Viele Begegnungen zwischen Thelma und ihren Eltern zeigen uns Zusammenhänge, die uns schon aus vorherigen Sequenzen bewusst waren. So entsteht eine anfängliche Monotonie, die weder den Charakteren noch der generellen Qualität des Films gerecht wird. Diese zieht sich eine Weile, bis Thelma selbst zunehmend aktiv wird und ihr Leben in die eigenen Hände nimmt.
Diese Phase hätte noch früher beginnen können. In dem Moment, wo der Film mit Thelmas Wandlung zu Hochtouren aufläuft, erscheint alles runder, hochwertiger und besser. Das liegt auch an den vielen Bildhaften Aufnahmen und Erzählungen, die Regisseur Trier inszeniert. Manches lässt sich dabei auf die Bibel zurückführen. So sehen wir immer wieder eine Schlange und auch Feuer spielt eine große Rolle. Hier kommen die auf ihre Kosten, die gerne Situationen interpretieren. Ein weiteres Stilmittel sind Zeitsprünge, die uns der eigentlichen Wahrheit immer näher bringen.
Künstlerisch wertvoll
Elli Harboe überzeugt als Thelma jede einzelne Minute des Films. Sie gibt der ruhigen Studentin neben ihren Fähigkeiten auch ein gutes Maß an Melancholie mit auf den Weg, welches aufgrund ihrer Umstände perfekt passt. Auch die Schauspiel-Truppe um Harboe muss sich nicht verstecken. Das führt insgesamt zu einem sehr glaubwürdigen Film, der bis auf seine Längen kaum Schwächen hat.
Dass das so ist, liegt natürlich auch an der guten Kameraarbeit mit beeindruckenden Bildern. Sei es die Kulisse oder Thelmas beeindruckende Tagträume. Trier weiß genau, was er von sich und dem Film erwartet und setzt dies auch genau so um. Liebhaber des seichten, druckvollen aber doch tiefgründigen Heimkino-Erlebnisses werden ohne jeden Zweifel auf ihre Kosten kommen. Dazu trägt auch der dezente Soundtrack seinen Teil bei, der kaum auffällt und wichtige Situationen lediglich unterstreicht.
Unser Fazit zu Thelma
Thelma belegt einmal mehr, dass skandinavische Filme in den meisten Fällen einen Blick wert sind. Würde das Mystery-Drama früher in Gang kommen und vielleicht noch etwas brachialer enden, wäre sogar eine noch bessere Bewertung möglich gewesen. So erhaltet ihr noch immer ein ruhiges, tiefgründiges und emotional starkes Drama, das sich weder vor starken Bildern noch vor beeindruckender Stille fürchtet.
Werft dringend auch einen Blick auf die Dokumentation Dominion und weitere Filme, die euch im Heimkino-Monat August erwarten.
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