D-Box Sitze katapultieren Kino in die 4. Dimension – Lohnt sich der Aufpreis?
Endlich hat auch unser Stammkino, das Cinecitta in Nürnberg, zwei Reihen eines Kinosaals mit der D-Box Technik ausgerüstet. Grund genug für uns, das Gespräch mit dem technischen Leiter des Kinos zu suchen und die Technik anhand eines aktuellen Blockbusters zu testen – Jurassic World 2.
Ja ist denn heut schon Weihnachten? Da sitzen wir im Sommer bei enormen Außentemperaturen im Kinosaal 1 des nürnberger Cinecitta und schauen einen kurzen Ausschnitt aus dem Weihnachtsfilm Der Polarexpress. Weder uns noch den Mitarbeitern des Multiplexkinos ist die Hitze zu Kopf gestiegen. Unser dortiger Aufenthalt und das gezeigte Material hatten durchaus Sinn. Die D-Box Technik, die das Kinoerlebnis um eine vierte Dimension bereichern soll, hat nämlich auch zwei Reihen des genannten Kinosaals für sich gewinnen können. So führte für uns kein Weg an einem ausgiebigen Test und einer Bewertung des Erlebten vorbei. Nun aber Klartext – für wen eignet sich die zusätzliche Option?
Was haben Der Polarexpress und Terminator: Die Erlösung gemeinsam?
Für die Vorstellung der hauseigenen Technik hat D-Box zwei Filme gewählt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. So haben wir jeweils einen Ausschnitt von dem Weihnachtsfilm Der Polarexpress und dem Action-Streifen Terminator: Die Erlösung gesehen. Beide Demonstrationen wurden in 2D ohne Dolby-Athmos vorgeführt und beide Filme finden sich in unserer Blu-ray-Sammlung wieder. Bei Terminator 4 lag der Fokus auf Action-Sequenzen mit Verfolgungsjagd, Explosionen und Schusswechsel.
Den Polarexpress durften wir hingegen bei der rasanten Einfahrt auf einen zugefrorenen See nahe des Nordpols begleiten. Zunächst war das Gefühl, auf einem sich bewegenden und vibrierenden Kinosessel zu sitzen, gewöhnungsbedürftig. Dass wir uns jedoch daran gewöhnen konnten, bewies jeweils ein Ausschnitt des gezeigten Materials, in denen sich der Sitz zum Vergleich nicht bewegt hat. Komischerweise hat uns wirklich etwas gefehlt.
D-Box ist keine Freizeitpark-Technik
Bisher kannten wir 4D-Kinos hauptsächlich aus Freizeitparks. Wir nahmen dort auf hydraulisch betriebenen Sitzreihen platz und ließen uns kräftig durchschütteln. Ein Erlebnis, das seine Wirkung zwar selten verfehlte, welches jedoch mit Komfort und tiefgreifender Unterhaltung meist wenig zu tun hatte. So waren wir zu Beginn des Tests interessiert, gespannt aber hatten auch unsere Befürchtungen. Würden wir Popcorn und Nachos quer durch den Kinosaal katapultieren? Wird die Kohlensäure unseres Softgetränks schneller entweichen als das Gas eines platzenden Luftballons? Wurde dies vielleicht sogar berücksichtigt, sodass wir nur ein leichtes Wippen vernehmen würden?
All diese Fragen haben uns der Testbetrieb und zuvor auch der technische Leiter des Cinecitta Benjamin Dauhrer beantwortet. So fanden wir heraus, dass es sich bei den 40 Plätzen zunächst wirklich auch um eine Testphase handelt. Es wird weiterhin geschaut, inwiefern die Technik angenommen wird. Gleichzeitig gibt es jedoch auch konkrete Pläne für einen Saal, in dem verschiedene D-Box-Filme laufen werden. Auch von einer D-Box Testmöglichkeit anhand eines Sitzes außerhalb der Kinosäle haben wir so erfahren. So müsst ihr die Katze nicht im Sack kaufen. Das Cinecitta-Team hat die Technik über eine lange Zeit beobachtet. Als jedoch der Entschluss gefasst war, auf die Entwicklung der kanadischen Firma zu setzen, ging alles recht schnell. Was wir im Buchungssystem des Kinos gesehen haben und uns auch von Dauhrer nochmals bestätigt wurde ist, dass die 40 Sitze trotz Aufpreis meist zuerst besetzt sind.
Was macht D-Box?
Erst wenn man sich ein wenig mit der Technik befasst, die hinter den D-Box-Sitzen steckt, kann man etwas besser einschätzen, was den D-Box-Pionier erwartet. Zunächst einmal wird jeder Kino-Sessel von mehren separat arbeitenden Elektro-Motoren gesteuert. Man kann sich vereinfacht vorstellen, dass der Sessel mehrere massive Stuhlbeine besitzt, die gehoben oder gesenkt werden. Auch die Vibration wird so an die Hightech-Sitzgelegenheit weitergegeben. Auf diesem Wege wird eine Bewegung nach oben, unten, vor, zurück und zu beiden Seiten umgesetzt.
Die Signale bekommt der Sitz vom D-Box-Cinema-System. Dieses ist ein schwarzer Kasten, der eine Verbindung zu den Kinositzen besitzt und sie ansteuert. Ein Sensor in jedem Sessel sorgt dafür, dass sich nur die besetzten Stühle auch bewegen. Euch bleibt, wie ihr seht, nicht viel zu tun. Ihr seid dem Willen eures Sitzplatzes jedoch nicht ganz schutzlos ausgeliefert. Ihr könnt seine Intensität in drei Stufen verstellen und ihn sogar ganz ausschalten. Was wohl nur dann wichtig wird, wenn D-Box-Hasser neben D-Box-Enthusiast sitzt.
Mindestens so wichtig wie die zwei genannten Bausteine sind die Informationen, die das D-Box-System enthält. Schließlich kann man sich nur so synchron zum Film bewegen. Damit dies passiert, wird die Bewegung des Sessels wie eine zusätzliche Spur neben Bild, Stimme, Soundeffekte und Hintergrundmusik gesetzt und ebenso auf den jeweiligen Film zugeschnitten. Das führt natürlich dazu, dass nicht jeder Film auch ein D-Box-Film ist. Nur so wird jedoch sichergestellt, dass man sich wirklich fühlt, als wäre man mitten im Geschehen. Aktuell gibt es übrigens 14 teils vor kurzem erschienene und teils noch kommende D-Box-Filme. Eine Übersicht findet ihr hier.
Jurassic World 2 in der 4. Dimension
Jurassic World 2 war also der erste Film, den wir auf D-Box-Sitzen erleben würden. Wichtig war es für uns, zu erfahren, wie komfortabel und lohnenswert das Erlebnis über die Dauer einen ganzen Films ist. Wir haben uns den Action-Streifen außerdem zu zweit angesehen, um auch zwei verschiedene Geschmäcker berücksichtigen zu können. Unsere Gemeinsamkeit liegt darin, dass es uns normalerweise eher ins Deluxe-Kino zieht. Dort können wir unsere Beine hochlegen und das privatere Ambiente sowie den üppigeren Platz genießen.
Uns ist im Laufe des Films aufgefallen, dass D-Box über die Gesamt-Dauer noch besser funktioniert als bei den kurzen Demonstrationen. Dies lag nicht nur daran, dass wir nun Dolby-Athmos und 3D zusätzlich geboten bekommen haben. Es ist vielmehr die Eigenschaft des D-Box-Systems in der einen Szene die Neigung einen fliegenden Flugzeugs umzusetzen, in einer anderen Szene die Wucht eines Dinosaurier-Angriffs zu simulieren und uns in wieder einer anderen Situation das Gefühl zu geben, dass wir unter Wasser schwerelos treiben. Die Bewegungen sind dabei so genau, dass ihr euch um eure Snacks keine Sorgen machen müsst. Zum Ende des Films war jedoch die Kohlensäure in unserem Softdrink kaum noch existent. Allerdings war es der Drink selbst auch kaum noch.
Gerade Flug-Szenen oder Fahrten funktionieren in Sachen Immersion ausgezeichnet und Jump-Scares schaffen eine ganz neue Bedrohung. Auch die Vermittlung einer schweren Attacke oder einer Schusswunde ist ein gutes Mittel zur Nutzung. Gerade in Situationen in denen viel passiert, sich die Technik aber auf einen Aspekt konzentriert, kann die Zuordnung der Bewegung etwas schwieriger werden. Gleichzeitig ist der Sitz auch ruhig, wenn der Film es ist. Andere Kinobesucher werden nicht gestört aber der Effekt macht ein wenig süchtig. Wenn man gerne Auto fährt, ist eine Achterbahn meist ein Hochgenuss. So lohnen sich echte Action-Blockbuster am meisten und je weniger Physis ein Film mitbringt, umso weniger sollte man dazu neigen, den D-Box-Zuschlag zu investieren. Wir hätten uns gewünscht bereits Avengers: Infinity War mit der Technik genießen zu können.
Der leidige Aufschlag – lohnt er sich?
Der Aufpreis, den ihr für einen der 40 D-Box-Sitzplätze zahlt, beträgt im Cinecitta Nürnberg sechs Euro. Damit liegt er mit dem Aufpreis für einen Platz im hauseigenen Deluxe-Kino-Saal gleichauf. Dort bekommt ihr für den Zuschlag mehr Platz, ein gehobeneres Ambiente, ein Begrüßungsgetränk und einen besseren Service geboten. Während die Deluxe-Variante die Rahmenbedingungen des Kino-Besuchs unserer Meinung nach auf eine höhere Ebene heben, verbessert D-Box das reine Film-Erlebnis. Gerade bei Blockbuster-Filmen wie Avatar, Jurassic World 2 und Vertretern des Marvel Cinematic Universe investieren wir diesen Aufschlag lieber in das Film-Erlebnis. Rein technisch wäre sogar eine Ausstattung der Deluxe-Sitze mit D-Box-Technik möglich. Hier stellt eine realistische Bepreisung jedoch das größte Problem dar.
An dieser Stelle zu schreiben, dass sechs Euro zu teuer oder eine Pflichtausgabe sind, ist sicherlich das Schlechteste was man machen kann. Es handelt sich schließlich um einen Aufschlag, den man wahlweise bei den Filmen zahlen kann, bei denen es einem selbst wert ist. So werden Film-Verrückte wie wir für eines ihrer liebsten Hobbies sicherlich eher ein paar Euro mehr ausgeben als der, der sonst vielleicht einfach nur in die Sneak geht, sich überraschen lässt und gerne ein paar Euro spart. An Jurassic Park 2 haben wir jedoch gesehen, dass es der Aufpreis für uns definitiv wert sein kann, dass die Technik besser ausgereift ist, als wir es uns im Vorfeld vorgestellt haben und dass der Mehrwert größer war als erwartet.
Unter dem Strich waren wir sehr froh die Erfahrung D-Box gemacht zu haben. Wir sind uns außerdem sicher, dass dies nicht unser letztes D-Box-Erlebnis war. Dennoch halten wir es für wichtig im Einzelfall zu entscheiden, ob es der einzelne Film wert ist und nicht pauschal mehr zu bezahlen. Anders als bei 3D hat man aktuell noch die volle Entscheidungsfreiheit und im Falle des Cinecittas entscheidet ihr Kino-Besucher mit eurem Nutzungsverhalten selbst, wie groß D-Box im Multiplexkino wird.
Gibt es eine Alternative für zu Hause?
Das D-Box Original zu Hause einbauen zu lassen, ist, wie wir bereits erwähnt haben, eine große Investition. Es gibt jedoch eine Alternative. Werft einen Blick auf das SenseForce Pad Extreme. Diese Sitzauflage wandelt Audio-Signale in präzise lokalisierbare Vibrationen um. Unsere Eindrücke dazu lest ihr hier.
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