Days Gone im Test – Ein Mann und sein Bike im Kampf gegen die Zombieapokalypse
Days Gone ist das neue heiße Eisen in Sonys Exclusives-Feuer. Neben The Last of Us ist es der zweite Titel, der sich der Zombieapokalypse annimmt. Kann das Werk des Bend Studios Zombie-Fans ebenso begeistern wie Naughty Dogs Genre Referenz? Hier unsere Review:
Wenn es aktuell einen Trend in der Videospiel-Branche neben Battle-Royale gibt, dann ist es die Postapokalypse. Dort begegnen Spielern regelmäßig mutierte Bestien, brutale menschliche Widersacher oder auch Zombies. Wie unterschiedlich man das Thema interpretieren kann, zeigen das Online-Multiplayer RPG Fallout 76 und das Singleplayer Adventure The Last of Us nur zu gut. Auch wenn wir uns immer über frische Ideen freuen, ist das Setting für uns noch nicht ausgelutscht. So freuen wir uns weiterhin auf Bethesdas Rage 2, das uns noch diesen Monat bevorsteht und wieder eine neue Interpretation mitbringt. In Days Gone, dem Werk von Sonys Bend Studio, stellt ihr euch der lebensfeindlichen Umgebung gemeinsam mit eurem Bike. Ob diese Verbindung ähnlichen Kultstatus erreicht, wie die eines Mannes und seines Autos, das klären wir nun.
Two drifters, off to see the world …
Geschehnisse apokalyptischen Ausmaßes sind immer von Verlusten geprägt. So findet sich auch Biker Deacon St. John weitestgehend in einer Welt wieder, die unserer so nah ist, wie Xbox Fans denen der PlayStation. Überlebende rotten sich in Camps zusammen, um sich dort entweder mit ganzer Anstrengung eine lebendige Gesellschaft aufzubauen, oder den Weg des Plünderns, Mordens und Zerstörens zu gehen. Einen moralischen Kodex, wie ihn unser Hauptcharakter besitzt, ist in dieser Welt aller Ehren Wert. Er ist jedoch die Ausnahme. Doch was bleibt Deacon mehr, als dieser Kodex und sein guter Freund Boozer? Schließlich muss er davon ausgehen, dass er seine Frau bei dem Versuch sie zu retten, in den Tod geschickt hat. So vertraut er darauf, dass ihn sein Motorrad sicher von A nach B bringt. Die Dinge, die er zum Überleben für sich und seinen Freund braucht, sucht er sich mühevoll in der großen, offenen Spielwelt zusammen. Lukrativ sind auch die Aufträge, die er von anderen Überlebenden erhält. So führt er das Leben eines Vagabunden beziehungsweise Drifters, der auf ein besseres Leben hofft und daran arbeitet.
Days Gone … oder … The Running Dead
Die Tatsache, dass Deacon ein Biker ist, weckt direkt Erinnerungen an Sons of Anarchy. Wer die Serie gesehen hat, hat einen Einblick in die Strukturen und das komplexe Sozialsystem innerhalb eines MCs bekommen. Es handelt sich um eine Familie, die nach eigenen Gesetzen lebt, sich und andere respektiert und alles füreinander riskiert. Umso enttäuschender ist es, dass das echte Biker-Dasein schon vergangen ist, bevor der Spieler in die Handlung einsteigt. Es bleibt ein Deacon, der trauert und sich um seinen Kumpel kümmert. Viele emotionale Flashbacks erwecken gar den Eindruck des Weichspül-Bikers. Die verbleibende Menschheit besteht schließlich nur aus den Stärksten. Unter ihnen fällt es Deacon schwer, sich zu profilieren. Insgesamt ist Deacon uns als Person nicht einzigartig genug. Deshalb geht er schnell in der teilweise uninspirierten Story unter.
Wie bei Word War Z oder I am Legend handelt es sich bei Freakern nicht um eine der langsamen Zombie-Rassen. Erblickt euch eine Horde, rennt ihr um euer Leben und seid froh, wenn euer Bike nicht zu weit entfernt steht. Wenn überhaupt, stellt ihr euch erst im späten Spielverlauf den Zombieansammlungen entgegen. Ein Handlungsstrang verfolgt die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die Biester nun die Welt des Spiels beherrschen. Während die Herkunft also noch geheim bleibt, solltet ihr wissen, dass es verschiedene Gattungen gibt, die unterschiedlich gut austeilen und einstecken können.
Eine Ode an die Mineralöl-Industrie
In einer Welt ohne funktionierende Stromnetze sind Energieträger wie Benzin gefragt wie nie. Eure Freiheit wird in Days Gone fast nur von eurer Tankfüllung begrenzt. Das führt beinahe dazu, dass ihr örtliche Tankstellen nach dem Spielen nur noch freundlich lächelnd passiert oder beim Tanken extra freundlich zum Mitarbeiter hinter der Kasse seid. Insgesamt kam es in unserem Spielverlauf jedoch nur selten vor, dass wir wirklich einmal Antriebslos am Straßenrand standen. Das Konzept geht also auf. Weniger überzeugen konnte uns das Schrott-System. Aus parkenden Autos, Kisten und an vielen anderen Orten der Spielwelt gibt es den wertvollen Rohstoff Schrott. Zunächst definieren wir Schrott als unbrauchbare, meist zerkleinerte Metallteile. Diese findet man einfach nicht beim Schrauben in einem gut erhaltenen Fahrzeug. Das Wort Metallteile hätte hier deutlich besser gepasst. Zumal wir mit diesen Teilen nicht nur unser Motorrad reparieren können, auch die Reparatur von Nahkampfwaffen ist ein Kinderspiel. All das beherrscht Deacon. Einen Käfig, Schutzbleche oder einen Tank für sein Bike, kann er jedoch nicht bauen. Klingt komisch, ist aber so. Da wundert uns dann auch nicht, dass er ein Rezept benötigt, um einen Nagelbeschlagenen Baseballschläger aus Nägeln und Schläger herzustellen.
Die große, offene Spielwelt hätte für unseren Geschmack noch etwas mehr Abwechslung vertragen können. Sie ist jedoch schön anzusehen und die Weitsicht kann begeistern. Das Schnellreisesystem, das Reisen innerhalb der Welt beschleunigt, greift ebenfalls auf euren Tank zurück. Außerdem muss der Reisebereich von Freaker-Nestern befreit werden, damit ihr das Feature nutzen könnt. Die Aufgabe mit den Nestern erinnert uns stark, wie andere Überlebensaspekte auch, an State of Decay 2. Während Days Gone grafisch ungleich besser daherkommt, begeistert State of Decay 2 weiter mit seinen Multiplayer-Eigenschaften.
Die Angst vor der offenen Spielwelt
Offene Spielwelten können ein Segen sein. Werden sie so belebt wie God of War, Red Dead Redemption 2 oder The Witcher III, dann lässt sich schwer ein schönerer Spielplatz für uns Spieler finden. Allerdings kommt diese Offenheit immer dann an seine Grenzen, wenn Entwickler ihre Welten nicht richtig mit Leben füllen können. Als Spieler kann man schnell sich wiederholende Aufgabentypen erkennen. Hinzu kommen Quests wie sammel drei Lavendel oder jage fünf Tiere. Leider kommen die letzten beiden Beispiele direkt aus Days Gone. Ihr beseitigt außerdem Nester, nehmt gegnerische Camps aus, erledigt Horden, erkundet NERO Basen oder jagt nach Kopfgeld. Vieles wiederholt sich und ähnliche Aufgaben werden in die Story eingebunden. Das Problem ist daher weder das Schießen, noch der Nahkampf oder die jeweiligen Fähigkeitsbäume. Das Problem sind die sich wiederholenden Abläufe. Hier wünschen wir uns, dass Quests zukünftig nur noch einzelne Geschichten erzählen. Das übernehmen bei Days Gone ganze Questreihen, deren Fortschritt sich genau verfolgen lässt.
Gut angekommen ist bei uns das Punktesystem. Ihr sammelt Punkte bei Camp-Inhabern und baut langsam euer Standing bei ihnen aus. Nur mit einem guten Ruf könnt ihr die besten Waffen oder Motorrad-Teile kaufen. Die Punkte aus dem einen Camp sind im anderen komplett wertlos. Geld gehört schließlich der Vergangenheit an.
Es gibt Pfützen
Days Gone kommt ganz ohne Pfützen-Gate aus. Wir haben das Spiel auf der PlayStation 4 Pro gespielt und uns über eine gute Weitsicht und eine insgesamt schicke Optik gefreut. Der Tag-Nacht-Wechsel taucht die Welt glaubwürdig in angenehmes Licht. Nachts sind Freaker zahlreicher und Horden stärker als am Tag, dafür verlassen sie ihre Höhlen. Daher ist der Wechsel für eure Strategie nicht unwichtig. Explosionen sind optisch nicht ganz so eindrucksvoll wie akustisch. Während Deacon mit tollen Gesichtsanimationen daherkommt und alle Charaktere toll synchronisiert sind, fällt die Qualität der Gesichtsanimationen und die Gestaltung der Gesichter mit der Wichtigkeit der Personen ab. Gegner sind dadurch austauschbar. Wie schon erwähnt hätten wir uns auch über eine noch abwechslungsreichere Umgebung gefreut. Sie wirkt dennoch detailverliebt und spielt in der obersten Liga.
Die Optik von Days Gone kann überzeugen, die Akustik begeistert. Egal ob es Explosionen, das Röhren eures Motorrads oder die Freaker-Laute sind, die Akustik schafft mit ihren verschiedenen Soundmodi bis zu 7.1 eine tolle Atmosphäre. Außerdem reagiert die Vertonung dynamisch auf das Spielgeschehen. Einzelne Songs untermalen zudem besondere Momente. Wer sich davon überzeugen mag, kann gerne einmal bei Spotify in den Soundtrack hineinhören.
Unser Fazit zu Days Gone
Nach einigen exklusiven Titeln, die ihr jeweiliges Genre revolutionierten und sich vor Ehrungen kaum retten konnten, hat uns Days Gone etwas enttäuscht. Dabei spricht die hohe Erwartungshaltung für die PlayStation-Familie. So konnte uns der Titel durchaus unterhalten und war auf der PlayStation 4 Pro schön anzusehen und gut spielbar. Leider schaffte es Days Gone aber nicht, die großen Herausforderungen zu meistern, die eine offene Spielwelt mit sich bringt. Viele Aufgaben wiederholen sich deutlich. Dadurch sind frische, neue Momente eine Seltenheit. Zusätzlich hätten wir uns mehr Freiheit gewünscht. Warum durften wir nicht selbst unser Motorrad verbessern? Warum durften wir keine anderen Fahrzeuge fahren? Sicherlich ist einiges hiervon auch eine Geschmackssache, da die Beschränkungen den Survival-Aspekt des Spiels verstärken. Für uns bleibt Days Gone so ein gutes Spiel, das sein Potenzial als Biker-Survival-Abenteuer nicht ganz ausschöpft.
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