Horizon Forbidden West im Test – Go West, life is awesome there
Mit Horizon Forbidden West bekommt Zero Dawn ganze fünf Jahre nach seinem Erscheinen einen Nachfolger präsentiert, der PS4- und PS5-Besitzer gleichermaßen beglücken möchte. Warum es genau dieses Action-Adventure-RPG brauchte, um unsere Cross-Gen-Skepsis letztendlich im Keim zu ersticken, erfahrt ihr in unserem Test.
Horizon Forbidden West erscheint in einer Phase, in der die PlayStation 5 immer leichter zu bekommen ist. Es ist traurig, dass diese Situation erst mehr als ein Jahr nach Release der Konsole eintritt, wofür Sony selbst berechtigt oder unberechtigt von enttäuschten Fans immer wieder Kritik erntet. Sonys Reaktion auf diese Situation ist es, viele Exclusives gleichzeitig auf vergangener und neuer Konsolen-Generation zu veröffentlichten. Dies ist zum Beispiel auch beim kommenden Gran Turismo 7 der Fall.
Das verspricht PS4-Besitzern Spiele, die technisch auch das letzte Tröpfchen aus der betagten Konsole herauspressen. PS5-User befürchten stattdessen eine von den Fesseln der Last-Gen unterdrückte Konsolenfassung. Horizon Forbidden West hat unsere Cross-Gen-Skepsis ein für alle Male ins Reich der unangebrachten Skepsis geschickt. Der Titel übertrifft seinen Vorgänger in fast allen Belangen und läutet eine neue Ära von Open-World-Games ein.
Diese Welt verdient es gerettet zu werden - Auch zweifach
Während wir uns ganze fünf Jahre bis zu einer Fortsetzung der Geschichte von Nora-Sucherin Aloy gedulden mussten, sind vom Vorgänger bis zu Forbidden West lediglich sechs In-Game-Monate vergangen. Serien-Neulinge werden mit einer Zusammenfassung von Zero Dawn begrüßt. Dies ermöglicht es ihnen, sich auf die neue Welt einzustellen. Wir empfehlen jedoch das Spielen des Vorgängers ausdrücklich, den wir zur Vorbereitung wenige Tage vor Horizon Forbidden West selbst erneut beendeten.
Die Geschehnisse von Forbidden West bauen direkt auf denen des Vorgängers auf. Diese Tatsache verspricht nicht nur das Wiedersehen von in der Story von Zero Dawn liebgewonnenen Gefährten, sondern auch eine Aloy, die über ein Start-Repertoire verfügt, das wir uns im Vorgänger erst erarbeiten mussten. Aloys erfolgreiche Weltrettung hat Ereignisse losgetreten, die sie mit ganz neuen menschlichen, biologischen und technischen Herausforderungen konfrontieren. Hierzu zählen feindliche Krieger, neue faszinierende und teils brachiale Maschinen, scheinbar unüberwindbare Hürden und eine sterbende Umgebung. Demgegenüber stehen neue Fähigkeiten, Waffen und die Unterstützung echter Freunde in weiten Strecken des Spiels.
Maschinen- und Ausrüstungs-Details übersteigen die des Vorgängers um Welten – Quelle: PlayStation
Unzählige kleine Geschichten erwecken die Welt von Forbidden West zum Leben
Während die Katze bezüglich Aloys Herkunft, die wir aus Spoiler-Gründen hier nicht thematisieren, seit Horizon Zero Dawn aus dem Sack ist, baut Forbidden West ein komplett neues Momentum auf. In der Story des Spiels ist es weniger die weibliche Hauptfigur selbst, die uns begeistert, sondern die Welt, mit der sie auf ihrer Reise interagiert und die Figuren, auf die sie dabei trifft. Innerhalb der Geschichte des Spiels finden sich in bester Rollenspiel-Manier hunderte kleinere Geschichten wieder, die Auswirkungen auf die Spielwelt haben, wie wir es zum Beispiel im dritten Teil der Witcher-Serie erlebt haben. In einer Qualität, wie sie die RPG-Elemente der Assassin’s Creed-Reihe nach unserem Empfinden nicht erreichten.Die Haupt-Story kommt mit der einen oder anderen Überraschung daher. Sie bildet einen gelungenen Rahmen für das Action-Adventure-RPG ohne dabei dessen stärkstes Element darzustellen. Sie führt allerdings die Entwicklung einer faszinierenden Welt voran, deren Hintergründe einmal mehr durch scheinbar unzählige Audio-, Bild- und Text-Dateien erklärt werden. Fleißige Datenpunkt-Scanner und angehende Forbidden-West-Forscher kommen uneingeschränkt auf ihre Kosten.
Spielerische Freiheit neu definiert
Viele Gameplay-Elemente, die Horizon Forbidden West mitbringt, haben wir bereits in anderen erfolgreichen Videospiel-Serien gesehen. Zunächst hat Guerilla Games die Inhalte des Vorgängers nennenswert aufgestockt. Es gibt mehr Bestien zu erlegen oder zu überbrücken, die natürliche Flora und Fauna wurden optisch und quantitativ überarbeitet, neue Skill-Trees mit verschiedensten Spezial-Attacken haben es ins Spiel geschafft und das Waffen-Arsenal ist in Quantität, Munitionsvielfalt und Funktion deutlich gewachsen. Im Kampf sind Spielern damit kaum Grenzen gesetzt. Viele der angebotenen Optionen werden die meisten Spieler in ihrem ersten Spieldurchgang wahrscheinlich einfach links liegen lassen und nur die wählen, die ihrem Spiel entgegenkommen. Vielleicht hat es Guerilla Games mit der einen oder anderen Option übertrieben, negativ bewerten wollen wir ein Plus an Vielfalt jedoch keineswegs.
Über tatkräftige Auseinandersetzungen hinaus, die sich sowohl im Nah- als auch im Fernkampf besser anfühlen, hat sich auch die Fortbewegung in der Welt von Horizon Forbidden West weiterentwickelt. Der Gleitschirm, wie wir ihn aus The Legend of Zelda: Breath of the Wild kennen, erlaubt langes Gleiten von höchsten Gebirgen und erleichtert selbst das Überbrücken kleinerer Wassermassen. Die Steuerung und Geschwindigkeit von Reit-Maschinen ist deutlich angenehmer geworden und ein einmal gezähmtes Maschinen-Wesen steht selbst nach einer Schnellreise zu Verfügung. Auch das Klettern fällt dank größerer Flexibilität und hilfreicher Markierungen, die sich als Teil von umfassenden Barrierefreiheits-Optionen dauerhaft einblenden lassen, viel leichter und fühlt sich natürlicher an. Ein Greifhaken, der zudem ähnlich wie Batmans-Grapple-Hook oder das Lasso in Uncharted eingesetzt wird, macht Aloy in Kämpfen agiler und hilft beim Vorankommen in Umgebung und neuen Rätsel-Situationen.
Charaktere, deren Geschichten ihr in Haupt- und Nebenquests erlebt, beleben den Westen – Quelle: PlayStation
Ihr entscheidet, was ihr zu welcher Zeit erledigt
Die Vielzahl an neuen Gameplay-Elementen wird bei Horizon Forbidden West in Form von neuen Herausforderungen genutzt. Es gibt zahlreiche Nebenaufgaben inklusive Unterwasser-Ruinen, Arena-Kämpfen und sogar Maschinen-Rennen. Bei vielen dieser Aufgaben kommen euch neue Fähigkeiten aus Skill-Trees zugute und alle zu meistern, dauert unzählige Stunden. Ein neues Element ist außerdem ein Minigame mit der Bezeichnung Maschinen-Streit, das leicht zu erlernen sowie hart zu meistern ist und gleichzeitig Niederlagen schnell verzeiht. Die Welt ist dabei so offen, dass ihr eure Zeit so verbringen könnt, wie ihr es möchtet. Es spricht nichts gegen das direkte Angehen der Hauptstory, in diesem Fall könnt ihr die Stärken von Horizon Forbidden West jedoch keinesfalls komplett ausschöpfen. Euren Spaß würdet ihr dennoch haben.
Dafür, dass sich neue und bekannte Gameplay-Elemente besonders Anfühlen, sorgt der DualSense-Controller, den Guerilla Games beinahe so überzeugend nutzt, wie der DualSense-Vorzeigetitel Astro’s Playroom. Egal ob beim Schwimmen, bei Explosionen, beim Gleiten oder dem Abfeuern von verschiedenen Waffen, der DualSense schafft eine immersive Erfahrung, die weit über das hinausgeht, was Vibrationen in Zero Dawn vermittelten. Allein den Widerstand von Truhen oder Türen zu spüren, ehe wir sie gewaltsam aufgebrochen haben, war eine tolle Erfahrung.
Next-Gen-Tech-Wolf im Cross-Gen-Schafspelz
Technisch ist Horizon Forbidden West ein Vorzeigetitel, der jeden eines Besseren belehrt, der der Auffassung ist, dass PlayStation-exklusive Cross-Gen-Titel die PlayStation 5 ausbremsen. Wenn die detailreiche, lebendige Welt des Titels mit ihren detaillierten Texturen und den abwechslungsreichen Umgebungen und ihren Bewohnern die gezähmte Version eines Next-Gen-Titels darstellen sollen, wagen wir es nicht, einen „echten“ Next-Gen-Titel zu erwarten. Bis auf einige hakende Animationen, beispielsweise bei fliegenden Maschinen und Probleme bei der HDR-Wiedergabe sind wir in den Modi des Spiels, das wir hauptsächlich im auflösungsstarken 30-FPS-Modus genossen, über keine technischen Schwierigkeiten gestoßen.
Besonders eindrucksvoll waren lebendige Unterwasserbereiche oder jene Momente, in denen wir leuchtende Grünglanz-Splitter von ihren Plätzen nahmen und uns plötzlich in einer durch geänderte Beleuchtung völlig anderen Umgebung wiedergefunden haben. Die Areale und Lebensräume des Spiels sind deutlich vertikaler als beim Vorgänger und laden zum Erkunden ein. Selbst abtrennbare Maschinenteile, Ausrüstungsstücke und Munition haben eine grafische Generalüberholung spendiert bekommen. Zusätzlich ist es nun möglich, die Ausrüstung einzufärben und Aloy zu tätowieren. In Verbindung mit den wechselnden Wetter-Bedingungen und dem Tag/Nacht-Rhythmus des Spiels kamen wir aus dem Staunen kaum heraus.
Das Wasser des Spiels ist einer der Aspekte an dem die grafische Weiterentwicklung besonders deutlich wird – Quelle: PlayStation
Abrundung des Next-Gen-Erlebnisses
Seit dem 25. Februar ist der Soundtrack von Horizon Forbidden West auf Streaming-Plattformen erhältlich und dürfte sich dort allgemeiner Beliebtheit bei allen erfreuen, die in die Welt des Spiels abtauchen. Die Akustik des Spiels ist nicht nur dank 3D-Audio mit Headsets in bestem Raumklang zu genießen. Gebiete wie zum Beispiel Reinklang erzeugen eine Kulisse, wie es wenige Hollywood-Produktionen leisten und durch den Glauben und Tradition des ansässigen Utaru-Stammes gibt es sogar eine Story-Relevanz. Das Erlebnis ist nicht weniger Eindrucksvoll als der Moment in dem Frodo Beutlin seinen ersten Fuß in Lothlorien setzt.
Während das Schnellreisen und Speichern an Lagerfeuern dank PS5-SSD noch schneller funktioniert, kosten Schnellreisen von einem entdeckten Lagerfeuer zum anderen nun kein Schnellreise-Paket mehr. Dies macht die weitläufige Welt etwas weniger beängstigend, wobei die vielen Fragezeichen auf der Karte noch immer einschüchternd wirken. Trotzdem ist Horizon Forbidden West ein Open-World-Game, dass uns dank der erwähnten spielerischen Freiheiten die Lust an der Spielgattung zurückgibt. Eine solche Welt muss Genre-Kollege Elden Ring erstmal toppen.
Unser Fazit zu Horizon Forbidden West
Horizon Forbidden West bewältigt ein unmöglich geglaubtes Unterfangen. Der Titel stellt ein völlig neues Vertrauen in Cross-Gen-Titel her. Aloys zweites Abenteuer beweist in nie dagewesener Weise, wie ein Spiel für eine betagte PlayStation 4 erscheinen und gleichzeitig ein Grafik-Showcase ohnegleichen für die PS5 verkörpern kann. Über diese technischen Aspekte hinaus erweitert Guerilla Games das Spielerlebnis, welches das erfolgreiche Zero Dawn lieferte, auf jeder Ebene. Das Ergebnis bringt einen Gameplay-Reichtum mit, den Gamer kaum in einem Durchgang komplett auskosten können. Die Welt und ihre Bewohner sind außerdem so lebendig, dass sie selbst Hauptcharakter Aloy in den Schatten stellen und Forbidden West zu einem Open-World-Game machen, in dem es an jeder Stelle etwas zu sehen gibt und in der hinter einfachen Nebenquests meist Geschichten voller Herz und Bedeutung stecken.
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